Seite wählen
[sam id="4" codes="true"]

Alles ganz unverbindlich

Dipferl LogoSoso. Habt’ses scho ghört? Eine Findungsgruppe haben’s eingerichtet. Fin-dungs-grup-pe. Immerhin, man versteht’s. In München hieße die wahrscheinlich „Task Force“. Bei uns z’Droschberg – „Findungsgruppe“. Da ist das Ziel im Wort schon klar umrissen: Mehrere Menschen, genannt Gruppe, haben den Auftrag, irgendetwas zu finden. Gut, „Findung“ ist rein vom ästhetischen Standpunkt her nicht das schönste aller Wörter. Hat ein bisserl was Bürokratisches – wie Anhörung. Oder was Pathologisches – wie Wortfindungsstörung. Oder Selbstfindung. Aber vielleicht passt das ja gerade. Ein bisserl bürokratisch da, ein bisserl pathologisch dort.

„Task Force“ würde dagegen gar nicht passen. Schnelle Eingreiftruppe. Zur Findung gehört untrennbar die Suchung. Und so eine Suchung – ja mei, die kann erfahrungsgemäß dauern. Allein die Beginnung: Die Findungsgruppierung muss jetzt laut Bürgermeister einen ersten Termin vereinbaren. So eine Fixierung einer Terminvereinbarung, das kann eine erhebliche Hinziehung bis zur Startung der Findung verursachen. Des dauert. Außerdem hat der Bürgermeister g’sagt, Zeitdruck gebe es keinen. Na dann. Pressiert eh nix. Die demografische Entwicklung spielt einer potenziellen Findung sowieso in die Karten: Diejenigen, die gefunden werden könnten, werden in nächster Zeit eher mehr werden.

Ah so, ja. Um den Seniorenbeirat geht’s. Der hat sich grad atomisiert. Einfach weg. In den letzten drei Jahren 102 Anregungen an den Stadtrat weitergegeben – und jetzt ist er weg. Nimmer da. Nicht dass er ihm fehlen würde, dem Herrn Bürgermeister. Aber grad in der Seniorenbürgerversammlung käm’s halt gar nicht gut, wenn er sagen würd: „Nein, direkt abgehen tut er mir nicht, der Seniorenbeirat mit seinen permanenten Vorschlägen, Wünschen und Anregungen.“ Käme nicht gut. Viel besser kommt, einen Plan B vorbereitet zu haben, wenn sich keiner fürs neue Gremium zur Verfügung stellt und das Debakel offensichtlich wird: Plan B Findungsgruppe.

[sam id=“8″ codes=“true“]Aber weil ich grad so schön am Dipferlscheiß’n bin: Das Resultat Findungsgruppe ist dünn für einen „Plan B“. Zumal derjenige, der einen Plan B präsentiert, schon auch einen „Plan A“ haben sollte. Dass sich auf der Seniorenbürgerversammlung zufällig genügend Kandidaten zur Verfügung stellen und demzufolge der „Plan B“ nicht gebraucht würde – das ist kein „Plan A“. Das ist noch nicht mal der Ansatz zu einer vagen Idee vom Hauch eines Plans.

Wobei das richtig lustig ist. „Schleid hatte sich mit Boxhammer und Penn bereits einen Plan B überlegt, falls nicht genügend Kandidaten zusammenkämen.“ Das stand geschrieben, im Trostberger Tagblatt. Man stelle sich bildlich vor: Schleid (CSU) mit Boxhammer (Grüne) und Penn (Grüne). Gemeinsam. Einen Plan. Genau. Sowieso.

Obwohl – vielleicht war’s wirklich so. Weil’s tendenziell unwichtig ist. Ein Beirat ist ein beratendes Gremium. Der Beirat tüftelt was aus – und die Entscheidungsträger lehnen’s ab. Sind halt nicht nur Praktiker, diese Beiräte. Gut, die sind schon aktive Senioren, wissen also, was er will, der Senior. Sind aber halt nur Beiräte. Ratgeber. Und einen Rat kann man annehmen. Aber auch ablehnen. Ganz unverbindlich.

Verbindlich ist nur, dass er weg ist, der Beirat. Drum gibt’s jetzt die Findungsgruppe. Wie heißt’s in der Zeitung? „Eine unverbindliche Arbeitsgruppe solle Lösungen erarbeiten und diese dann dem Stadtrat vorstellen, der darüber beschließen müsse…“ Auf der Suche nach dem unverbindlichen Seniorenbeirat ist eine noch viel unverbindlichere Arbeitsgruppe. Und selbst wenn die Findung im Sinne der Findungsgruppe erfolgreich wäre, müsste sie noch den Stadtrat passieren. O mei. Wie sangen schon 1980 die Fehlfarben? „Keine Atempause, Geschichte wird gemacht. Es geht voran!“

Ja, warum ist er eigentlich nicht mehr da, der Seniorenbeirat? Ganz einfach: Weil sieben der zehn Beiräte nicht mehr kandidieren wollten. Sieben von zehn. Woanders würde man das „Palastrevolution“ nennen. Aber z’Droschberg? Gäh! Wenn ein Seniorenbeirat nicht mehr kandidiert, na, dann wird er seine Gründe haben. Altersgründe vielleicht. Berufliche weniger, aber private, gesundheitliche Altersgründe. San ja vielleicht nimmer die Jüngsten, diese Senioren.

Bei zwei oder drei wär’s möglich. Aber gleich sieben? Nö, sicher nicht. Wahrscheinlichkeitsrechnung, Urnenmodell – auch wenn das im Zusammenhang mit Seniorenbeiräten unpassend klingt, aber das heißt nun mal so, Ziehen ohne Zurücklegen. Wir haben zehn Kugeln in der Urne, davon sind sieben Nieten. Auch das klingt unpassend. Sieben Kugeln, die ihre Funktion nicht mehr erfüllen wollen. Also Nieten. Versuchen wir mal, lottoartig exakt die sieben Richtigen, in unserem Fall die Nieten, zu ziehen. Blind. Sieben aus zehn. Rechnen wir: zehn über sieben (Wahrscheinlichkeitsrechnungsgedöns) entspricht 120 Möglichkeiten, aber nur eine einzige bringt tatsächlich exakt sieben Nieten zusammen. Die Chancen stehen also 1:119, dass man alle Nieten in einem Durchgang erwischt. 0,84 Prozent Trefferwahrscheinlichkeit. So gesehen wäre ein zufälliger gemeinsamer Rückzug aus dem Ehrenamt eine Art kleiner Lottogewinn – für wen auch immer –, und demnach ziemlich unwahrscheinlich.

Wo also liegt der Grund für diese – nennen wir sie ruhig – konzertierte Aktion? Nein, an einer gestörten Kommunikation zwischen Beirat und Bürgermeister/Stadtrat nicht. Sicher nicht. Man hat ja doch ein paar der 102 Anregungen realisiert. Behinderten-Parkplätze im Friedhof, seniorengerechte Sitzbänke und die Behinderten-Toilette im Rathaus zum Beispiel. Da wurde was bewegt. Aber wie peinlich ist das eigentlich? Diese Errungenschaften mussten offenbar erst von Ehrenamtlichen angeschoben werden. Da hätte man im Rathaus aber auch von allein drauf kommen müssen können.

Nicht realisiert wurde auf der anderen Seite eine seniorengerechte Ampelschaltung am Busbahnhof. Braucht’s auch nicht. Ein bisserl Schwund ist immer. Nicht realisiert: die Zukunftswerkstatt. Da geht’s um die Zukunftsfähigkeit der Stadt im Hinblick auf die alternde Gesellschaft. Wer braucht das denn? Wir leben heute, was kümmern uns die Lebensumstände in 20 Jahren? Oder das Bürgertaxi, auch abgebügelt.

Nein, die Seniorenbeiräte haben sicher nicht hingeworfen, weil sie wenig wertschätzend behandelt wurden. Nie! Gestörte Kommunikation? Geh weiter! Wo doch alle Beteiligten so warme Worte füreinander gefunden haben. „Der Bürgermeister lobte die sehr fruchtbare Arbeit des Seniorenbeirats, ,auch wenn es manchmal kontroverse Diskussionen gegeben hat‘. Er dankte allen für ihr Engagement.“ Und Ex-Beiratsvorsitzender Boxhammer – das Foto in der Zeitung zeigt ihn, wie er dem Bürgermeister applaudiert. Gestörte Kommunikation. Pffft. Sind doch eh alle so freundlich miteinander. Wenigstens wurde der Schein gewahrt. Wieso denn Karten auf den Tisch? Dafür brauchen wir in Trostberg erst mal eine Arbeitsgruppe. Eine Klartext-Findungsgruppe. Ganz unverbindlich natürlich. Nicht dass noch jemand beleidigt ist.

Dipferlscheißer vom Dienst (DvD): Andreas Falkinger

(7. Oktober 2014)

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.