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Bluesbarde Schorsch Hampel

Bairischer Bluesbarde mit Augenzwinkern: Schorsch Hampel stimmte  das Publikum auf den Film „Bavaria Vista Club – Vol. 1“ ein. Foto: fam

Regisseur Walter Steffen präsentiert im Stadtkino seinen Dokumentarfilm „Bavaria Vista Club – Vol. 1“

Von Michael Falkinger

Bayern ist bunt, der Facettenreichtum seiner Volksmusik groß. Der Kino-Dokumentarfilm „Bavaria Vista Club – Vol. 1“ beweist es. Der Film stellt die Musik, das Leben und Umfeld  von oberbayerischen Bands und Musikern vor, die sich zwar von der streng konservativ traditionellen Volksmusik entfernen, der bairischen Tradition dennoch treu bleiben: bairische Volksmusik mit bairischen, aktuellen Texten, angereichert mit Weltmusik. Blues, Reggae, Ska und  HipHop funktionieren auch auf Bairisch – ohne die bairische Tradition mit Füßen zu treten oder zu veralbern.

[sam id=“8″ codes=“true“]„Bavaria Vista Club“-Regisseur  Walter Steffen und Ideengeber Christoph Bühring-Uhle von BSC Music tingeln derzeit durch die Kinos des Freistaats, um den Film vorzustellen. Auch in Trostberg machten sie Station und trafen im Stadtkino auf ein offenes und gut gelauntes Publikum. Der Münchner Bairisch-Blueser Schorsch Hampel stimmte im Foyer musikalisch auf den Filmabend ein. Jaja: Der Blues ist bairisch. New Orleans, Mississippi und Bayern haben eines immerhin gemeinsam: Sie sind Südstaaten.

Schorsch Hampel ist auch einer der Akteure des Films, in dem er gemeinsam im Duo mit Williams „Wetsox“ Fändrich auftritt. Dreh- und Angelpunkt des Streifens ist das „Bavaria Vista Club“-Open-Air-Festival, das im Juni 2014 auf der Kreutalm oberhalb des Kochelsees über die Bühne gegangen ist. Mit von der Partie waren dabei neben Schorsch Hampel und Williams „Wetsox“ Fändrich die Unterbiberger Hofmusik, Zwirbeldirn, Irxn, Barbara Lexa, Wally Warning und Wolfgang Ramadan, Zwoastoa sowie „Bairisch Diatonischer Jodelwahnsinn“-Mitbegründer Dr. Max Hadersbeck, der mit seiner Ziach das Festival moderierte. Weitere Farbtupfer des Films bilden Aufnahmen im persönlichen Umfeld der Musiker. Steffen zeigt sie unter anderem bei Proben in der Wohnstube oder in der Küche.

„Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche“, ein Zitat des Komponisten Gustav Mahler, steht auf Poster, Infomaterial und CD-Cover des Soundtracks.  Dieses Zitat zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. Die Protagonisten begnügen sich nicht damit, Altbekanntes wiederzukäuen, sondern blicken über den Tellerrand hinaus, erweisen der Tradition die Ehre und befeuern sie mit Zeitgenössischem, Aktuellen – ohne sie ad acta zu legen.

Interessant sind die Charaktere der Musiker. Steffen zeichnet ihre Lebensgeschichte feinfühlig nach. Er wollte entdecken, wo die Musik in der Seele der Künstler steckt, erzählt er seinem Publikum im Stadtkino. Das ist ihm gelungen. Die Musiker fühlen sich bei den Interviews bei dem Regisseur sichtlich gut aufgehoben, gut behütet. Sie plaudern aus dem Nähkästchen, geben auch mal Intimes aus ihrem Leben preis. Ihnen allen ist eines gleich: die Lebensfreude, die sie in ihrer Musik ausdrücken. Viele haben ferne Länder bereist, die dortige Musik kennen und schätzen gelernt, mit nach Hause gebracht und mit der traditionellen Volksmusik  verwoben – nicht gekünstelt und gezwungen, sondern authentisch und echt. Sie bekennen sich zu ihren bairischen Wurzeln, nehmen aber auch fremdländische Musikelemente ins Sammelsurium der bairischen Volksmusik auf.

Die Liebe zu ihren Wurzeln und Musik teilen sich die Künstler, unterschiedlich sind sie teilweise, wie sie zu ihrem Wirken gekommen sind. Da stehen zum Beispiel auf der einen Seite  die Unterbiberger Hofmusik und  Barbara Lexa. Familie Himpsl stellt den Hauptteil der Unterbiberger Hofmusik. Musik sei Familie, sagt  einer der drei Söhne von Franz und Irene Himpsl. Rührend, wie er den Tränen nahe erklärt, er könne sich die Gruppe gar nicht vorstellen, wenn Vater oder Mutter etwa aus gesundheitlichen Gründen aufhören müssten. Musik gehört auch zur Familie von Barbara Lexa. Ihre Mutter –  Volksschauspielerin und Jodlerin –  hat sie zur Musik gebracht.

Auf der anderen Seite stehen da Schorsch Hampel und Wally Warning. Die Eltern beider waren von den Plänen ihrer Söhne, ihr Glück in der Musik zu versuchen, nicht begeistert. Wo andere Kinder und Jugendliche mit Stubenarrest bestraft wurden, drohte Schorsch Hampel Gitarren-Entzug. Wally Warning, auf der Karibikinsel Aruba als Sohn surinamischer Eltern zur Welt gekommen, hatte auch zu kämpfen: Seine Eltern vertraten die Ansicht, Musizieren sei Angelegenheit der Trinker und Fischer.

Zwischen den Konzertaufnahmen und Interviews meldet sich der Volkskundler Andreas Koll zu Wort. Engagiert begibt er sich auf einen Exkurs in die Geschichte der alpenländischen Musik, verbindet seinen Ausflug  mit den sehr persönlichen Geschichten der Musiker. Auch Koll will nicht am Bestehenden festhalten. Das Leben der Menschen und die Welt verändern sich, entwickeln sich – und damit auch die Musik.

„Bavaria Vista Club – Vol. 1“ spiegelt die  Offenheit für Neues und die Kreativität  bayerischer Musiker – egal welchen Alters – wider. Steffen ist damit eine liebevolle Hommage auf Bayern gelungen. Und: Wie der Zusatz „Vol. 1“ schon verrät, dürfen die Zuschauer Weiteres erwarten. Denn der „Bavaria Vista Club“ ist eine Filmreihe, die sich der Aufgabe stellt, in den nächsten Jahren die Entwicklung der bairischen Musik in den unterschiedlichen Regionen zu erkunden und filmisch zu dokumentieren. Das Publikum darf gespannt sein.

Der Film „Bavaria Vista Club – Vol. 1“ läuft noch bis Mittwoch, 7. Januar, jeweils ab 18.15 Uhr im Stadtkino Trostberg. Kinobetreiber Christoph Loster hat zudem angekündigt, den Film nochmals im Februar zu zeigen.

(4. Januar 2015)

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