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Gedenkfeier zum Volkstrauertag:

Gedenkfeier zum Volkstrauertag: „Konflikte sind in jüngster  Zeit immer näher an uns herangerückt“, sagte 3. Bürgermeisterin Dr. Birgit Seeholzer (rechts im Vordergrund, mit – dahinter, von links – den Pfarrern Constantin Reinhold Bartok,  Wolfram Hoffmann und Paul Janßen).Foto: fam

Volkstrauertag im Schatten der Aktualität

Zeremonie am Freitagabend: Trostberger haben der Opfer von Krieg, Gewalt und Terror gedacht

Von Michael Falkinger

„Kriege zwischen Staaten sind von Bürgerkriegen abgelöst worden, als neue weltweite Bedrohung ist der internationale Terrorismus hinzugetreten“, sagte 3. Bürgermeisterin Dr. Birgit Seeholzer am Freitagabend anlässlich der Gedenkfeier zum Volkstrauertag. Ein Satz wie ein Menetekel, denn etwa zweieinhalb Stunden später erschütterte eine Anschlagsserie Paris. Das oft  als abstrakt betrachtete Gedenken am Volkstrauertag wurde plötzlich konkret. „Konflikte sind in jüngster  Zeit immer näher an uns herangerückt“, sagte Seeholzer – und damit auch das Gedenken an die Opfer von Krieg, Terror und Gewalt. Seit Samstag tragen deutsche, bayerische und europäische Fahnen am Gebäude der Trostberger Polizeiinspektion Trauerflor.

[sam id=“8″ codes=“true“]Seeholzer hatte am Freitagabend an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren erinnert. „Weltweite Feiern brachten den Krieg in Erinnerung, und so steht auch der Volkstrauertag ganz im Zeichen dieses Gedenkens.“ 55 Millionen Menschenleben hatte der Krieg gefordert. Seeholzer: „An sie, an die Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege, erinnern wir heute sowie an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“

Zahlreiche Trostberger waren der Aufforderung der Krieger- und Reservistenkameradschaft Trostberg gefolgt, der Gedenkfeier beizuwohnen. Nach einer ökumenischen Andacht in der Christuskirche mit dem evangelischen Pfarrer Wolfram Hoffmann sowie seinen katholischen und rumänisch-orthodoxen Kollegen Paul Janßen und Constantin Reinhold Bartok gingen die Trostberger und viele Fahnenabordnungen von Ortsvereinen, angeführt von der Stadtkapelle und der Freiwilligen Feuerwehr Trostberg, zum Kriegerdenkmal an der Heinrich-Braun-Straße.

Seeholzer bezeichnete den Volkstrauertag als Tag des mahnenden Gedenkens an die Auswirkungen von Krieg und Gewalt. „Das Bewusstsein muss lebendig bleiben. Nur wer sich erinnert, kann aus der Vergangenheit lernen.“ Europa habe aus den Erfahrungen von Krieg und Gewalt Konsequenzen gezogen, eine lange Friedenszeit erlebt und sich erfolgreich  um Versöhnung und Annäherung bemüht. Dennoch sei kaum ein Jahr vergangen, in dem nicht irgendwo auf der Welt Kriege oder Kämpfe stattfanden. „Frieden, Freiheit, die Wahrung der Menschenrechte, das war und ist für viele Menschen kein selbstverständlicher Alltag, sondern ein oft unerreichbar scheinender Traum“, sagte Seeholzer.

„Die kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte fanden meist weit entfernt von uns statt, manche haben wir wohl gar nicht richtig oder in ihrem ganzen Ausmaß wahrgenommen.“ Doch auch deutsche Soldaten  sind in Kampfgebiete entsandt: „Seit ihrem ersten Auslandseinsatz sind 106 Soldaten gestorben.“

Doch nicht nur die Soldaten spüren die Konflikte. Seeholzer: „Durch ein aktuelles Thema spüren wir es besonders: Flüchtlinge − auf der Flucht aus den Kriegsgebieten. Fast täglich wird  uns das Leid des Kriegs, der Gewalt ständig vor Augen geführt. Die große Anzahl der täglich zu uns strömenden Flüchtlinge zeigt uns, wie bitter notwendig die Mahnung zum Frieden ist.“

Bereits das Wochenende vor der Feier in Trostberg waren zahlreiche Bewohner der drei Trostberger Ortsteile Heiligkreuz, Lindach und Oberfeldkirchen in ihren Pfarrgemeinden dem Aufruf der drei Krieger- und Soldatenkameradschaften gefolgt, um anlässlich des Volkstrauertags der Opfer von Krieg, Terror und Verfolgung zu gedenken. Die jeweiligen Kameradschaften legten an den Ehrenmalen Kränze nieder. In Heiligkreuz und Oberfeldkirchen übernahm die Trostberger Stadtkapelle die musikalische Gestaltung, in Lindach die Musikkapelle Tengling; in Heiligkreuz und in Lindach sangen zudem die Kirchenchöre.

Pater Nelson Parrakadath  erinnerte in Heiligkreuz daran, dass unter den Heiligkreuzern noch einige sind, die den Zweiten Weltkrieg noch miterlebt haben. Fast jede Familie habe eine Wunde, die noch nicht geheilt, und Erinnerungen, die noch nicht vergessen seien. „Krieg ist schlimm und unerwünscht, egal ob das Ziel gut ist oder nicht.“ In Lindach appellierte Kaplan Michael Maurer an seine Zuhörer, nicht das Trennende zwischen den Menschen herauszustellen, sondern tatsächlich den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen – ohne Rücksucht auf Nationalität, Religion oder Hautfarbe. In Oberfeldkirchen erinnerte Pater Felix Kraus an die vielen Verbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Dennoch habe es viele Soldaten gegeben die sich Befehlen widersetzten, Gutes getan und Schutz geboten haben.

In Heiligkreuz sagte Seeholzer, viele Menschen hätten ihr Leben und ihre Zukunft verloren, weil sie einer anderen Rasse oder Religion angehörten. Viele, die an den beiden Weltkriegen teilgenommen haben, hofften bald zurückkehren zu können. „Doch wie sieht es 70 Jahre nachher aus?“, fragte   Seeholzer. Auch das 21. und 22. Jahrhundert hätten Probleme, und es stelle sich die berechtigte Frage, ob der Volkstrauertag von gestern oder aktueller denn je sei.

Europa habe seine Konsequenzen aus der Vergangenheit gezogen und sei um Annäherung unter Völkern bemüht. Doch trotzdem sei kein Jahr vergangen, in dem nicht irgendwo auf der Welt Krieg und Verfolgung passiert seien. Viele Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien in den letzten Jahrzehnten begangen worden. Doch hätten sich Kriege und Konflikte verändert. Der internationale Terror sei näher an Deutschland gerückt. Es seien nicht mehr nur  Soldaten betroffen. Durch die  Flüchtlingsströme werde das Leid der Kriege sichtbar, dafür brauche es keine Bombenbilder, so Seeholzer. Gerade deshalb sei es nötig, an diesem Tag aller Gefallenen und Vermissten der Kriege  sowie der Opfer von Gewaltherrschaft  zu gedenken.

„Ist Trauern noch zeitgemäß?“, stellte Bürgermeister Karl Schleid am Samstagabend in Lindach praktisch dieselbe Frage wie Seeholzer. Erster und Zweiter Weltkrieg seien keine reinen Schlagwörter, sondern erlebte und erinnerte Katastrophen. „Diejenigen, denen wir den heutigen Volkstrauertag gewidmet haben, lehren uns den Frieden. Den Weg dahin müssen wir allerdings selbst finden“, sagte Schleid über den Sinn des Gedenkens und Trauerns. Der Bürgermeister forderte seine Zuhörer auf: „Gedenken  mit mir der Toten der Kriege, die ihr Vermächtnis an uns weitergegeben haben: die Mahnung zum Frieden an uns alle.“

„Heute gedenken wir allen Menschen aus unserem Land und aus vielen Staaten, die durch Kriegshandlungen, durch Schlachten in Gefangenschaft oder durch Vertreibung ihr Leben verloren und getötet wurden weil sei einer anderen Rasse oder Religion angehörten“,  betonte Schleid in Oberfeldkirchen. „Frieden, Freiheit, die Wahrung der Menschenrechte, das war und ist für viele Menschen kein selbstverständlicher Alltag, sondern ein oft unerreichbar scheinender Traum.“

Die Konflikte, die immer näher an Deutschland und Europa gerückt sind, hätten bereits 106 deutschen Soldaten seit dem ersten Auslandseinsatz das Leben gekostet. Fast täglich werde durch  die große Anzahl der zu uns strömenden Flüchtlinge deutlich, wie bitter notwendig die Mahnung zum Frieden sei.

(16. November 2015)

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