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„Das muss für den Landkreis machbar sein“

Regierungsdirektor Amann: 25 von 35 Landkreiskommunen nehmen Flüchtlinge auf

Von Andreas Falkinger

Dem Eindruck, dass Trostberg derzeit überdurchschnittlich viele Asylsuchende zu versorgen hat, ist Regierungsdirektor Florian Amann, Leiter des Sachgebiets Kommunales und Soziales am Landratsamt, bei der Infoveranstaltung entschieden entgegengetreten: „Der Landkreis schießt sich nicht auf die Stadt ein.“ Tatsächlich stehe die drittgrößte Stadt des Landkreises mit den 66 betreuten Flüchtlingen an sechster Stelle auf der Liste mit den betreuenden Kommunen – vor Traunstein und Traunreut zwar, aber hinter den deutlich kleineren Gemeinden Grassau, Engelsberg, Inzell, Ruhpolding und Bergen.

[sam id=“8″ codes=“true“]Amann schilderte die Lage, die zu bewältigen ist: Die Migration werde weiter steigen und bleibe zumindest für die kommenden drei bis fünf Jahre ein Dauerthema. Den Landratsämtern mache ein Nadelöhr das Leben schwer: Die vorgeschriebene Einzelfallprüfung bewirke einen Antragsstau. Bundesweit warteten derzeit über 200.000 Anträge auf diese Beurteilung – und täglich kämen neue hinzu. Erschwert werde das Ganze dadurch, dass sich die EU-Mitgliedsländer nicht auf ein Regelwerk einigen können, mit dessen Hilfe die Flüchtlinge gerecht über den Kontinent verteilt werden.

600 weitere Flüchtlinge bis zum Jahresende

Die Zuteilungsquoten werden vom Bund bestimmt. Derzeit werden 15 Prozent der Asylsuchenden in Bayern aufgenommen, davon kommt ein Drittel in den Regierungsbezirk Oberbayern. Und der teilt dem Landkreis Traunstein wiederum vier Prozent der verbleibenden Fälle zu. Aufs Gesamtjahr 2015 wären das 1100 Flüchtlinge. Zum 1. Juli wurden im Landkreis Traunstein bereits 1000 Asylsuchende aufgenommen – 77 unbegleitete Minderjährige, 300 in zentraler und 623 in dezentraler Unterbringung.  Amann erwartet bis zum Jahresende rund 600 weitere Fälle. „Wo wir die unterbringen, wissen wir noch nicht.“

Dass Bürgermeister Schleid ein „harter Verhandlungspartner“ ist, bestätigte der Regierungsdirektor, aber er sicherte auch zu, dass der Landkreis alles unternimmt, die Last auf mehreren Schultern zu verteilen. „Im vergangenen Jahr nahmen 13 von 35 Kommunen Flüchtlinge auf, heuer sind es bereits 25. Das Landratsamt arbeite daran, auch noch die „zehn weißen Flecken von der Landkarte“ verschwinden zu lassen. Das Engagement Trostbergs würdigte Amann ausdrücklich: „Wir wären heilfroh, wenn wir in das in anderen Gemeinden auch so laufen würde.“ Den Verantwortlichen sei durchaus klar, dass die Aufnahme von Flüchtlingen eine große Herausforderung für die Ehrenamtlichen, die Stadtverwaltung, die Institutionen wie Diakonie und Caritas sowie für die Nachbarn sei. Aber genauso dürfe niemand aus dem Auge verlieren, „dass das eine nicht minder große Herausforderung für die Asylbewerber selbst ist.“ Aber: „Die Situation ist beherrschbar“, sagte Amann. „Für einen Landkreis mit 172.000 Bürgern muss es machbar sein, 1.700 Flüchtlinge zu integrieren.“

Amann beleuchtete nicht nur die allgemeine Lage, er stellte sich auch Fragen der Bürger, die ganz Konkretes von ihm wissen wollten. Gisa Pauli beklagte, dass die finanzielle Situation in den Sprachkursen angespannt sei, weil durch den dauernden Wechsel immer wieder neue Bücher angeschafft werden müssen. Amann sagte zu, dass der Landkreis sich darum kümmern wird, dass entsprechende Zuschüsse fließen.

Paul Schüller wollte wissen, welche Fehler aus Sicht des Landratsamts Helferkreise vermeiden sollten, damit es nicht zu einer Situation wie in Schleching kommt, wo 30 Ehrenamtliche ihre Tätigkeit eingestellt hatten. Von amtlicher Seite sei das schwierig zu beantworten, sagte Amann. „Vermutlich wäre es zielführend, wenn sich die Helfer nicht zu sehr mit den Asylbewerbern identifizieren und sie ihr eigenes Schicksal nicht zu eng mit deren Wohl und Wehe verknüpfen. Wer dafür haftet, wenn ein Flüchtling einen Schaden verursacht, wollte Schüller ebenfalls von Amann wissen. „Auch hier gibt’s von der Landkreisebene keine befriedigende Antwort. Zuständig wäre das Land Bayern. Es schaut aber nicht so aus, als hätte der Freistaat Lust, alle Asylbewerber zu versichern.“ Die Gesetzeslage sei so, dass der Geschädigte auf seinem Schaden sitzen bleibe – genauso wie in den Fällen, in denen nicht versicherte Deutsche Schäden verursachen. Und zur Frage, wieviel Geld Gastronomen vom Staat bekommen, wenn sie Flüchtlingen Räume oder ganze Pensionen zur Verfügung stellen, sagte der Regierungsdirektor: „Wenn die Asylbewerber voll verpflegt werden, sind das zwischen 25 und 30 Euro pro Tag. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir vernünftig mit Steuergeldern umgehen. Wir müssen jede einzelne Maßnahme mit der Regierung von Oberbayern absprechen.“


Seite 1 – Wie die Stadt Trostberg mit Migration umgeht: „Grenze der Leistungsfähigkeit rückt näher“

Seite 3 – Lage der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge: Standards noch nicht erfüllt

Seite 4 – Die geplante zentrale Flüchtlingsunterkunft: Keine Baracke am Ortseingang

(17. Juli 2015)

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